Ein Workshop im Heinrich-Heine-Institut: Die EXPERIMENTALE
Am 01.06.2022 nahmen die Schüler*innen des Q1 Deutschgrundkurses gemeinsam mit ihrer Lehrkraft, Frau Dr. Hahne, an der EXPERIMENTALE, einer Veranstaltung des Heinrich-Heine-Instituts teil. In dem Workshop arbeiteten die Schüler*innen intensiv mit der Lyrikerin Lütfiye Güzel und am selben Abend wurden Ergebnisse der Erarbeitung in dem vollbesetzten Lesesaal des Instituts präsentiert.
Lütfiye Güzel ist eine deutsche Autorin und Lyrikerin. Sie wurde in Duisburg als Tochter einer türkischen Familie geboren und wuchs als Gastarbeiterkind zweisprachig auf. Sie schreibt Texte über ihren Alltag, ihre Familie, ihre Träume, Sehnsüchte und das Leben im Ruhrgebiet. Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit gestaltet sie Literaturwerkstätten für Jugendliche. Im Jahr 2017 wurde sie mit dem Literaturpreis Ruhr ausgezeichnet.
Das Wort ,,Experiment” zeichnete den Workshop aus. In dem Workshop experimentierten die Lyrikerin Frau Güzel und die Schüler*innen virtuos mit Sprache: Zeitungen und Magazinen wurden mitgebracht und Gedichte von Heinrich Heine, dessen 225. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird, standen ebenfalls zur Verfügung. Dann gab es einen kollektiven „Blackout“: Die Schüler*innen strichen beliebige Stellen in den Texten durch. Aus den übriggebliebenen Phrasen und Wörtern entstand – POESIE. Durch die Ausbeutung des Zufalls waren die entstandenen Gedichte von den spontanen Gefühlsausbrüchen, Intuitionen und Stimmung der Schüler*innen geleitet. Die Textcollagen zeigten sich deutlich vom Surrealismus geprägt. Zufall?! Der literarische Surrealismus war von der deutschen Romantik inspiriert und der Lyriker Heinrich Heine gilt als einer der letzten Vertreter und zugleich als Überwinder der Romantik. Die Schüler*innen verliehen durch die neue Gestaltung den Gedichten von Heine aus dem 19. Jahrhundert einen wunderbaren Funken Poesie.
Darüber hinaus bot der Workshop den Schüler*innen die Gelegenheit, sich mit der Lyrikerin Frau Güzel persönlich auszutauschen. Sie stellte viele geschickte Fragen, welche die Schüler*innen zum Nachdenken brachten, und beantwortete auch gern Fragen der Schüler*innen.
Die besondere beidseitige Offenheit und das Engagement der Autorin haben mich sehr beeindruckt. Am Ende des Workshops las Frau Güzel den Schüler*innen ein paar ausgewählte Kurzgeschichten und gab den Schüler*innen einen klugen Hörauftrag und genügend Raum, ihre Kurzgeschichten zu frei interpretieren. Der anschließende Austausch war sehr aufschlussreich und inspirierend.
Die Ergebnisse dieses Workshops sowie die Ergebnisse der parallel an anderen Schulen stattfindenden Workshops, dem Albert-Einstein-Gymnasium und der Dieter-Forte-Gesamtschule, wurden am selben Abend präsentiert – samt Kostproben aus den Arbeiten der beteiligten Künstler*innen: Dincer Gücyeter, Lütfiye Güzel und Enno Stahl.
Die experimentellen Ergebnisse von Schüler*innen aus drei Schulen zeigte uns ganz unterschiedliche Gesichter der Gattung Lyrik: Die Schüler*innen aus der Dieter-Forte-Gesamtschule präsentierten zum Beispiel ein von ihnen verfasstes Gedicht als Rap, was die musikalische Eigenschaft des Gedichts auszeichnete und den Jugendlichen einen Spielraum gab, für sie alltägliche Themen zum Ausdruck zu bringen. Schüler*innen des Albert-Einstein-Gymnasium präsentierten Lautgedichte. Als eine moderne Gattung der Lyrik verzichtet die Lautpoesie ganz auf sprachlichen Sinn und wendet sprachliches Material zur Kommunikation an. Die freie, z.T. explosive Entfaltung der Kreativität war dabei sehr beeindruckend.
Der Begriff Experiment stammt vom Lateinischen experimentum „das in Erfahrung Gebrachte; Versuch, Beweis, Prüfung, Probe“ bzw. von experiri „versuchen, ausprobieren, erproben, in Erfahrung bringen, erfahren“. Wir haben im Rahmen der EXPERIMENTALE einiges versucht und viel erfahren.
Yiqi Yuan (Q1)