
Görres-Gymnasium Düsseldorf, 29.März, 7.15 Uhr:
Noch ist der Schulhof menschenleer. Nur vor dem Schultor hat sich eine kleine Gruppe versammelt. Zehn Schüler*innen, zwei Begleitpersonen und ein Busfahrer, für die der auf der Straße bereitstehende Minibus gerade so Platz bietet, denn auch die Theater-AG des Görres-Gymnasiums fährt nicht ohne Requisiten auf Tour.
Der Anlass? Rund 450km entfernt wartet ein Schultheaterfestival auf die Truppe: Die 25. Schultheaterwoche in Chemnitz, der Partnerstadt Düsseldorfs. Und so geht es an diesem Tage für die Gruppe aus 6 unter der Leitung von Frau Hartung knapp eine Stunde vor offiziellem Unterrichtsbeginn ab in den Osten der Republik.
Ein frühzeitiger Start in die Ferien? Wohl kaum, denn der Aufenthalt der Gruppe ist von der Ankunft bis zur Abreise komplett durchgeplant. Nach einer sechsstündigen Fahrt und einem späten Mittagessen im Schullandheim mit Gemeinschaftsbädern, Sechserzimmern und dem sich bietenden Blick auf den ,,Lulatsch“, einem bekanntem, bunten Schornstein, geht es bereits ins Theater, welches aufgrund von Sanierungsarbeiten vorübergehend in die Lagerhallen eines ehemaligen Spinnbaus mitten im Chemnitzer Industriegebiet verlegt wurde. Hier besuchen wir nach einem feierlichen Empfang eine schulische Neufassung des Dramas ,,Faust I“.
Am nächsten Tag erwartet uns ein weiterhin volles Programm. Nach dem Frühstück nehmen wir im Spinnbau einen Probedurchlauf unseres Stücks ,,All das Schöne“ durch, welches genau eine Woche zuvor seine Premiere in Düsseldorf feiern durfte. Im Anschluss begeben wir uns in die Innenstadt, um den immer noch vorhandenen ostdeutschen Charme von Chemnitz etwas besser kennenzulernen und das Abenteuer in Form eines Gruppenfotos vor dem sagenumwobenen Karl-Marx-Denkmal festzuhalten. Besonders fasziniert sind wir von etlichen Gebäuden, die schon jahrelang leer stehen und mit ihren zerborstenen Fenstern sowie mit ihrer Plattenbauten-Architektur den Blick auf sich lenken. Wer auch den Blick auf sich lenkt, ist eine Chemnitzer Theatergruppe, deren Inszenierung von ,,Hamlet“ wir uns am frühen Abend mit Begeisterung anschauen.
Nach einem ereignisreichen Tag fallen an diesem Abend alle müde und zeitig ins Bett, was unserem anstehenden Auftritt am Freitag zugutekommt. So macht sich die Gruppe am Folgetag erholt und motiviert auf den Weg zum Spinnbau. Eine Generalprobe, eine Mittagspause, und schon heißt es: ,,Vorhang auf für die Gruppe aus 6!“ Wir sind die einzige Theatergruppe des Festivals, die außerhalb von Chemnitz angereist ist, weshalb wir die Ehre haben, die Abschlussvorstellung des Festivals auf die Bühne bringen zu dürfen. Nicht zuletzt deswegen ist die Aufregung groß; die professionellen Bedingungen eines richtigen Theaters erzeugen einen besonderen Eindruck auf die dritte Generation der Gruppe aus 6, die bis dahin nur die Bühne der Schulaula kennt. Dank der technischen Möglichkeiten wird unser Stück also mit tollen Licht- und Nebeleffekten ausgeschmückt, die die Vorführung zusammen mit den prall gefüllten Zuschauerrängen zu einer unvergesslichen Erfahrung machen. Nebenbei imponiert uns auch der Aufwand, der hinter dem Vorhang betrieben wird: Soundcheck, Warm-Up, Backstage… Endlich zahlt sich das Vokabellernen aus dem Englischunterricht aus.
Nach einer geglückten Aufführung steht einem buchstäblichen Feierabend in der Unterkunft nichts mehr im Wege. Der letzte Abend wird mit vielen Runden Billard, einem Kickerturnier und einer Séance ,,Werwolf“ genossen, während uns die Organisatoren des Festivals einen Besuch abstatten, um sich mit den Worten ,,Auf ein Wiedersehen!“ persönlich zu verabschieden.
So tritt das Ensemble am nächsten Morgen mit unvergesslichen Erinnerungen sowie einer Urkunde im Gepäck die Rückreise nach Düsseldorf an. Glücklich, aber im wahrsten Sinne des Wortes etwas von der Rolle – wie gut, dass jetzt erstmal die Ferien anstehen!
Liselotte Holtmann, Q1




